Der Begreifler über Empfehlungen

Der Begreifler, Foto: Stocksnapper

Der Begreifler
(Foto: © Stocksnapper)

Wenn du ein Korrektorat oder Lektorat in Auftrag gibst, bist du der Herr im Haus. Wenn du möchtest, dass in deinem Text dass mit ß geschrieben wird, dann ist das dein gutes Recht. Wenn du möchtest, kannst du auch darauf bestehen, dass in deinem Text schön so geschrieben wird: önsch. Ist ja dein Text, und du bist der Auftraggeber. Denke bitte nur daran, dem Auftragnehmer zu sagen, was du willst. Sonst musst du damit rechnen, dass der nach den Dudenempfehlungen korrigiert, womit auch gemeint ist, dass dort, wo Varianten erlaubt sind, die mögliche durch die empfohlene ersetzt wird (z. B. Potenzial statt Potential).

Was der Lektor macht, ist egal!

Lektoratspraxis, Foto: Dmitriy Shironosov

Lektoratspraxis
Foto: © Dmitriy Shironosov

Nehmen wir mal an, der Satz aus dem Titel würde aus deinem Manuskript stammen. Wenn du nun  „Was der Lektor maccht …“ geschrieben hättest, gäbe es nicht viel zu diskutieren. Der Fehler ließe sich leicht korrigieren, das überzählige -c- würde gestrichen, fertig.

Nun nehmen wir an, es gibt trotz korrekter Rechtschreibung ein Problem mit dem Satz. Vielleicht steht „macht“ bereits im Satz zuvor. Oder der Satz fällt stilistisch aus dem Rahmen. Oder er passt inhaltlich nicht. Oder was auch immer der Lektor/die Lektorin da zu meckern haben könnte. Je nach LektorIn, aber auch abhängig von dem, was es da zu kritisieren gibt, und nicht zuletzt auch abhängig vom Autor/der Autorin selbst, wird der Lektor/die Lektorin anders vorgehen. Vielleicht schreibt er/sie einen Kommentar dazu, lässt den Autor/die Autorin selbst nach Alternativen suchen. Vielleicht steht schon im Kommentar ein Vorschlag, wie es besser gehen könnte. Ja, möglicherweise ersetzt er/sie den Satz sogar direkt im Text durch eine eigene Variante.

Nun kann ich nicht für jeden Lektor/jede Lektorin sprechen, aber im Normalfall heißt das nicht, er/sie sei davon überzeugt, seine/ihre Alternative sei die einzig wahre Lösung. Was auch immer er/sie also tut, in der Regel will er/sie damit nur auf das eigentliche Problem aufmerksam machen. Es kann verschiedene Gründe geben, warum er/sie das vielleicht nicht ausführlich erklärt, von denen der schmeichelhafteste ist, dass er/sie auf die Erfahrung und das Können des Autors/der Autorin vertraut. Dieser/diese ist es dann auch, der/die tatsächlich mit der Problemlösung beauftragt ist. Und oft kann man davon ausgehen, dass es der Autor/die Autorin ist, der/die die bessere Lösung findet.

Kurz: Egal, was der Lektor/die Lektorin macht, es sind immer nur Vorschläge, die eher anregend als verpflichtend gedacht sind.

Das Neuner-ABC: Die Quader – und doch nur einer

Neuner-ABC, Foto: James Steidl

© James Steidl

Ein Würfel ist eine besondere Form der Quader.

Häh? Da stimmt doch was nicht! Wenn der Würfel im Singular steht, müsste doch auch der Quader im Singular stehen. Oder man müsste eben schreiben:

Würfel sind eine besondere Form der Quader.

Aber sind es denn überhaupt die Quader, handelt es sich also um eine Pluralform? Nein, nicht unbedingt, denn neben der gebräuchlicheren maskulinen Form der Quader gibt es auch das Femininum die Quader:

Ein Würfel ist auch immer eine Quader.

Zu beachten sind auch die jeweiligen Pluralformen:

maskulin:
der Quader – die Quader

feminin:
die Quader – die Quadern

Österreich (!!!):
der Quader – die Quadern

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Das Neuner-ABC: Was ist das?

Das Neuner-ABC: Das Paar und seine Folgen

Klar, ein paar Schuhe sind meist mehr als ein Paar Schuhe. Aber heißt es nun (1) ein Paar neue Schuhe oder (2) ein Paar neuer Schuhe?

Beides ist richtig. Nach ein Paar kann die folgende Angabe als Apposition (1) oder im Genitiv (2) stehen. Die Apposition ist heutzutage die häufigere Variante und wird sich vermutlich langfristig durchsetzen.

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Das Neuner-ABC: Was ist das?

Hast du Komplexe?

Lust auf eine kleine spielerische Übung? Dabei soll es darum gehen, aus zwei einfachen Sätzen ein komplexeres Gebilde zu schaffen, das aus einem Satz mit zwei Teilsätzen besteht. Nicht etwa, weil komplexere Sätze grundsätzlich die bessere Wahl wären, sondern weil es hilfreich ist, die Möglichkeiten des Satzbaus zu kennen.

Ein Beispiel:

Peter wusch sich die Hände. Dann  schälte er Kartoffeln.
Peter wusch sich erst die Hände, dann schälte er Kartoffeln.
Peter wusch sich die Hände, bevor er Kartoffeln schälte.
Bevor Peter Kartoffeln schälte, wusch er sich die Hände.
Peter schälte Kartoffeln, nachdem er sich die Hände gewaschen hatte.
Peter hatte sich zuvor die Hände gewaschen, als er Kartoffeln schälte.

Natürlich kannst du dir schon die Ausgangssätze selbst aussuchen. Oder du nimmst die, die ich im Folgenden vorgebe. Versuche immer, so viele Varianten wie möglich zu finden. Achte dabei auch auf die grammatischen Zeitformen in den Ausgangssätzen.

Suche zunächst nach Varianten, die möglichst nah an der Vorgabe bleiben. Dann kannst du kreativer werden, solange die Grundaussagen sich nicht verändern.

Petra schaut Fernsehen. Peter deckt (derweil) den Tisch.
Petra ging es schlecht. Sie hatte zu viel gegessen.
Peter will sich ein Auto kaufen. Er hat genug Geld gespart.
Petra wollte gleich abwaschen. Erst würde sie aber noch den Film zu Ende sehen.
Peter war traurig. Petra brachte ihm ein Taschentuch.