Das Neuner-ABC: Vincent

Neuner-ABC, Foto: James Steidl
© James Steidl

Der berühmte Vincent van Gogh trägt eine niederländische Spezialität im Namen: van bedeutet „von, aus“, gilt aber nicht wie das deutsche von als Adelsprädikat.

Der vollständige Nachname lautet also van Gogh, das van darin wird kleingeschrieben. Natürlich gilt das nicht am Satzanfang:

Van Gogh war ein bedeutender Maler und Zeichner.

Aber auch in einer Aneinanderreihung, die mit Bindestrichen durchgekoppelt werden muss, wird van großgeschrieben, wenn es sich bei der Aneinanderreihung um ein Substantiv handelt:

Morgen beginnt im Stadtmuseum die zweiwöchige Van-Gogh-Ausstellung.

Aber: Warst du schon in der Vincent-van-Gogh-Ausstellung?

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Das Neuner-ABC: Was ist das?

Lektorat gibts nicht für jeden

Lektoratspraxis, Foto: Dmitriy Shironosov

© Dmitriy Shironosov

Ja, der Titel ist ein wenig provokativ, dennoch nicht übertrieben. Zwar bin ich als freier Lektor Dienstleister, aber eben auch frei, mir die Aufträge, die ich bearbeiten will, auszuwählen.

Dabei geht es nicht um Sympathien oder nach sonstigen undurchsichtigen Gründen, sondern schlicht und ergreifend danach, was ich mir zutraue. Das wiederum klingt nun bescheidener, als es gedacht ist. Zwar gibt es natürlich Aufträge, für die ich mich – aus welchen Gründen auch immer – als nicht kompetent einstufe, doch sind die in diesem Artikel nicht gemeint.

Gemeint sind solche Fälle, in denen ich schlichtweg ablehne, einem Text mehr als ein Korrektorat, vielleicht noch ein Stillektorat angedeihen zu lassen. Ja, das kommt vor. Und nicht aus purer Arbeitsverweigerung. Denn es ist etwas grundlegend anderes, ein Manuskript zu korrigieren, also von orthografischen und sonstigen grammatikalischen Fehlern zu befreien, oder es zu lektorieren.

Spätestens das Komplettlektorat ist darauf ausgerichtet, die Manuskriptvorlage in jeder Hinsicht so zu verbessern, dass dabei idealerweise das (natürlich aus meiner subjektiven Sicht) bestmögliche Ergebnis erzielt wird. Ein Ziel, das ohnehin auf wackeligen Beinen steht. Oft lassen sich Kompromisse nicht vermeiden und immer sind meine Anmerkungen nur Vorschläge, die der Autor nach eigenem Belieben umsetzen kann. Vor allem aber führt ein solcher Auftrag zu einem einmaligen Lektoratsdurchgang, stellt also im Vergleich zur Textredaktion (wie sie in jedem besseren Verlagslektorat angestrebt wird) oder gar der Manuskriptbetreuung (Coaching) gerade mal den ersten Schritt auf dem Weg zum gerade angeführten Ziel dar.

Und – da kommen wir zum springenden Punkt – wie gut das bestmögliche Ergebnis überhaupt sein kann, hängt eben vom Ursprungstext ab. Auch ein Komplettlektorat ist kein Ghostwriting. Und es kann eben sein, dass ich einen Text bekomme, bei dem ich (und wieder betone ich meine subjektive Sicht) keine anderen Mittel und Wege zu einer merklichen Verbesserung sehe, als den Text neu zu schreiben. Ein Lektorat, wie komplett auch immer, kann da aus meiner Sicht nichts ausrichten und wäre daher auch für den Autor rausgeschmissenes Geld. Vor allem aber traue ich es mir wie gesagt nicht zu, denn an einem Text, weil es der Autor eben so wollte, nur irgendwie herumzudoktern, kann ich nicht.

Ich biete in solchen Fällen meist folgende alternative Möglichkeiten an:

  • ein Korrektorat, damit der Text sich wenigstens weitgehend fehlerfrei präsentieren kann.
  • Coaching, damit der Autor, so er den Ehrgeiz und das Durchhaltevermögen besitzt, die Chance hat, meine Kritik am Text nachzuvollziehen und mit meiner Hilfe anzugehen (was letztlich meist bedeutet, noch einmal ganz von vorn zu beginnen).
  • Schließlich steckt es schon im Ablehnungsgrund: Ghostwriting, was verständlicherweise für einen Autor nur schwerlich eine Alternative darstellt.
  • Logischerweise muss sich niemand mit meinem Urteil zufriedengeben, und jeder kann sich anderswo umhören.

Subjektiv ohne Honig

Lektoratspraxis, Foto: Dmitriy Shironosov

© Dmitriy Shironosov

Wer die Dienste eines Lektors oder einer Lektorin in Anspruch nehmen will, sollte sich zuvor zwei Dinge unbedingt noch einmal klarmachen:

  1. Lektor hin, Lektor her, auch der kann letztlich nur seine subjektive Meinung zu deinem Text aussprechen. Sicher, in Fragen von Orthografie und Grammatik, ja sogar teilweise beim Stil kann er sich an Regeln halten, darüber hinaus darfst du auch gern davon ausgehen, dass alle weiteren Anmerkungen des Lektors gute Gründe haben, da sie auf Kenntnis der Materie und Erfahrung beruhen. Subjektivität lässt sich aber nun mal nicht verbannen, die Anmerkungen des Lektors können nur Vorschläge sein, die Entscheidung, welchen Vorschlägen du zustimmst und welchen nicht, bleibt immer bei dir hängen.
  2. Der Gang zum Lektor (sofern es sich bei dem um ein vorzeigbares Exemplar seiner Zunft handelt) gleicht dem Gang zum Zahnarzt. Da gibt es nämlich auch keinen Honig ums … auf die Zähne geschmiert. Das wäre schließlich nicht gut für die kleinen Beißerchen. Du bezahlst stattdessen dafür, dass dieser Mensch dir wehtut. Natürlich geht es dem Lektor (jedenfalls den meisten) nicht darum, dir Schmerzen zuzufügen, sondern darum, die Zä… den Text zu heilen. Und warum solltest du zu einem Lektor gehen, wenn du überzeugt wärest, dein Text sei vollkommen gesund? Das Problem ist allerdings, dass viele damit rechnen, mit ein wenig Polieren sei es getan, und sich wundern, wenn der Lektor eine Wurzelbehandlung vorschlägt.

Der Begreifler über Korrekturen

Der Begreifler, Foto: Stocksnapper

© Stocksnapper

In der Vorstellung vieler beinhaltet ein Lektorat kaum mehr als ein Korrektorat. Wenn jemand ihren Text hinsichtlich der Rechtschreibung, Zeichensetzung und sonstiger grammatischer Fehler durchsucht hat, meinen sie, einen lektorierten Text zurückzuerhalten.

Aber genau das ist die Aufgabe des Korrektorats, nicht des Lektorats. Der Korrektor korrigiert, er lektoriert nicht. Er konzentriert sich also auf sprachliche Fehler, auf Grammatik inklusive Orthographie. Ob der Text in anderer Hinsicht seine Funktion erfüllt, ob der Stil passt, ob er so aufgebaut ist, dass er die optimale Wirkung beim Adressaten erzielt, ob die innere Logik stimmt, ob er stringent ist, ob er gut recherchiert ist, all das und noch mehr ist nicht Sache des Korrektors.

Damit ist die Korrektur eines Textes in aller Regel der letzte Schritt, bevor der Text auf seine(n) Adressaten losgelassen wird. Bis dahin muss bereits alles andere stimmen (bzw. der Auftraggeber der Ansicht sein, dass dies der Fall ist). Schließlich würden spätere Änderungen hinsichtlich anderer Aspekte die Notwendigkeit nach sich ziehen, die geänderten Abschnitte erneut Korrektur zu lesen.

Im Grunde ist es so, dass Korrektorate zum Tätigkeitsfeld des Lektors gerechnet werden. Die meisten freien Lektoren bieten ebenso reines wie abschließendes Korrektorat an bzw. ein ins Lektorat integriertes Korrektorat, was dann meist bedeutet, dass beides in einem Arbeitsgang abgehandelt wird.

Dennoch sind Spezialisierungen beinahe eine logische Folge. Lektorat und Korrktorat sind durchaus so verschiedene Dinge, dass es nicht verwunderlich ist, wenn jemand das eine besser beherrscht als das andere.